Am 17. August 2020 wurde der Verein Stadttiere Braunschweig darüber informiert, dass in einem Eimer vor diesem Haus zwölf lebende Taubenküken zur Entsorgung abgestellt wurden
In einem Haus im Friedrich-Wilhelm-Viertel in Braunschweig leben seit über zehn Jahren verwilderte Haustauben. Es ist inzwischen baufällig und soll demnächst abgerissen werden. Am 17. August 2020 wurde der Verein Stadttiere Braunschweig darüber informiert, dass in einem Eimer vor diesem Haus zwölf lebende Taubenküken zur Entsorgung abgestellt wurden. Die alarmierte Polizei hat die weitere Tätigkeit unterbunden und das Veterinäramt hinzugerufen. Da ein wenige Tage altes Küken, vermutlich erdrückt von der Last der anderen Küken, nur noch tot vom Boden des Eimers geborgen werden konnte, hat der Verein Stadttiere Braunschweig nun Strafanzeige wegen Verstoßes gegen das Tierschutzgesetz gestellt.
Bereits im Juli hatte der Verein Kontakt mit dem Hausverwalter des Hauses im Friedrich-Wilhelm-Viertel aufgenommen
Damit es gar nicht erst zu Verstößen gegen das Tierschutzgesetz kommt und die Tiere sich nach Verlust ihres Zuhauses an anderen Häusern der Umgebung ansiedeln können, entwickelte der Verein kurzfristig ein Konzept, wie die Taubenpopulation vor dem Abriss tierschutzgerecht in einen betreuten Taubenschlag umgesiedelt werden könnte. Dieses wurde der Verwaltung als Vorschlag unterbreitet. Während der Errichtung des Taubenschlages sollte ein Austausch von Eiern über drei bis vier Wochen vorgenommen werden, so dass sich beim Abriss keine Küken oder bebrütete Eier mehr in den Nestern befinden. Mit dem Bauamt steht der Verein in gutem Kontakt für die ersten Planungen zur Realisierung.
„Es macht einen schon betroffen, dass trotz unserer Bemühungen für eine gute Lösung wissentlich und gewollt vorsätzlich gegen eine tierschutzkonforme Räumung gehandelt wurde“, sagt Beate Gries, Vorsitzende des Vereins Stadttiere Braunschweig e.V. und Fachreferentin für Stadttaubenmanagement im Deutschen Tierschutzbund Landestierschutzverband Niedersachsen. „Ein Konzept zum Verbleib der Küken lag schließlich auch nicht vor. Da kann sich jetzt keiner rausreden – die Küken sollten wie Müll lebendig entsorgt werden.“
Leider ist es immer noch an der Tagesordnung, dass Nester, Eier und Küken von Vögeln aller Arten durch Bauunternehmen bei Sanierungen von Gebäuden einfach entnommen und im Bauschutt entsorgt werden. Dieses ist nach Bundesnaturschutzgesetz und dem Tierschutzgesetz jedoch streng verboten. Das Töten eines Tieres ohne vernünftigen Grund ist eine Straftat. „Auch wenn es als ‚vernünftig‘ im Sinne des allgemeinen Sprachgebrauchs angesehen wird, sind wirtschaftliche Interessen kein vernünftiger Grund im Sinne des Gesetzes!“, betont Beate Gries noch einmal deutlich. Das Tierschutzgesetz gilt im Übrigen für alle Wirbeltiere, auch für Stadttauben. Im Fall Friedrich-Wilhelm-Viertel erwartet der Verein – vor allem wegen des vorsätzlichen Handelns der beteiligten Personen – ein Signal der hiesigen Ermittlungsbehörden und Gerichte, dass eine solche Tat kein Kavaliersdelikt ist, sondern eine Straftat.
Autor: oh/Gries/Begi
Foto: oh/© Stadttiere Braunschweig e.V.