Ein Ausgabevolumen von jährlich über 270 Millionen Euro umfasst das Investitionsprogramm des Haushaltsplanentwurfs, den Oberbürgermeister Ulrich Markurth am Donnerstag, 29. Oktober, gemeinsam mit Erstem Stadtrat Christian Geiger vorgestellt hat
In den Jahren 2014 bis 2019 stieg die Überschussrücklage der städtischen Finanzen um in der Summe rund 7,8 Millionen Euro
Im Saldo der Ergebnisse der einzelnen Jahre, die sich zwischen einem Plus von 35 Millionen und einem Minus von 22 Millionen Euro bewegten, war damit der Haushalt trotz enormer Investitionen ausgeglichen.
Dieses Ziel lässt sich durch die Auswirkungen der Corona-Pandemie nicht mehr erreichen. Hatte die Verwaltung für das laufende Jahr ein sich in den genannten Schwankungen der vergangenen Jahre bewegendes Defizit von rund 27,5 Millionen Euro eingeplant, so geht die derzeitige Prognose von einem Minus von 90 Millionen aus. Dabei schlagen als Mehrausgaben erhöhte Verlustübernahmen und Betriebsmittelzuschüsse für die städtischen Konzerngesellschaften mit 40 Millionen zu Buche, das Sonderbugdet Corona-Pandemie mit 10 Millionen. Auf der Einnahmeseite fehlen trotz Erstattungen von Bund und Land 14,8 Millionen Gewerbesteuer und fast ebenso viel Gemeindeanteil an der Einkommensteuer (13,6 Mio. Euro). Die Senkung der Mehrwertsteuer bedeutet für Braunschweig einen Verlust von immerhin 2,3 Millionen Euro.
„In sehr schwieriger konjunktureller Lage sind die Erträge aus der Gewerbesteuer und dem Gemeindeanteil an der Einkommensteuer, beides wichtige kommunale Einnahmequellen, stark rückläufig“, fasst Erster Stadtrat und Finanzdezernent Christian Geiger zusammen. „Auf der anderen Seite steigen die Ausgaben für Soziales, Bildung und Jugend. Hinzu kommen die pandemiebedingten Mehrausgaben in Höhe von über 50 Millionen Euro. Unter diesen Voraussetzungen ist ein Haushaltsausgleich nicht zu schaffen.“
Geiger weiter: „Damit die Kommunen handlungsfähig bleiben, hat das Land Niedersachsen eine Sonderregelung zur Bewältigung einer epidemischen Lage eingeführt. Danach müssen Jahresfehlbeträge des Epidemiejahres und des Folgejahres auf der Passivseite der Bilanz in einem gesonderten Posten ausgewiesen werden. Das gilt also aktuell mindestens für 2020 und 2021.“ Dazu wurde vom Land § 182 des Niedersächsischen Kommunalverfassungsgesetzes entsprechend ergänzt. Auch ohne die Epidemie geplante Fehlbeträge sind in die gesonderten Passivposten eingeschlossen. Die Überschussrücklagen verändern sich in diesen Jahren nicht, die gesonderten Passivposten wirken aber voraussichtlich ebenso wie die Überschussrücklagen auf die Nettoposition. Allerdings ist eine Regelung für die konkrete Ausweisposition des Passivpostens in der Bilanz bisher nicht erfolgt. Der Abbau der Passivposten soll innerhalb von 30 Jahren erfolgen.
Planungs- und Investitionsschwerpunkte der nächsten Jahre
Schwerpunkt Schulen und Kitas
Schulsanierungen: z. B. IGS Franzsches Feld, Grundschulen Altmühlstr., Commeniusstr., Hohestieg
Ganztagesbetriebe: z. B. Grundschulen, Rautheim, Ilmenaustraße, Stöckheim, Bültenweg Waggum und Melverode
Schulerweiterungen: z. B. Lessinggymnasium, Gymnasien Neue Oberschule und Ricarda-Huch-Schule, Grundschule Isoldestraße und Edith-Stein
Sporthallen: Neubau z. B. Sporthalle an der Sally-Perel-Gesamtschule, Sporthalle Grundschule Altpetritor, Sporthalle Melverode
Ausbau Schulkindbetreuung: Ausbau unter anderem durch Umwandlung von Grundschulen zu Ganztagsschulen
Ausbau und Sanierung von Kitas: unter anderem Neubauten Kita Rautheim und Dibbesdorfer Straße-Süd
Schwerpunkt Klimaschutz und Mobilität
Erhalt der Infrastruktur
Stadt zum Wohnen
Bezahlbares Wohnen: jährlich rund 1,7 Millionen Euro für Wohnbauförderung und soziale Maßnahmen wie Probewohnen
Sanierungsgebiete: Soziale Stadt, Donauviertel, Bahnstadt: rund 7,3 Millionen Euro Gesamtkosten für 2021 und einer Zwei-Drittel-Förderquote
Lebenswerte Stadt
Freizeit: z. B. Sanierung der Stadthalle, Campus Donauviertel mit Neubau des Kinder- und Teeny-Clubs „Weiße Rose“ und Sanierung des Kulturpunkts West
Sport: zum Beispiel Neubau Sportfunktionsgebäude Leiferde, Umwandlung Hockeyplatz Bezirkssportanlage Westpark, Neubau Kalthalle Östliches Ringgebiet, Ersatzneubau Heidbergbad (25-Meter-Becken)
Stadt der Zukunft
Soziale und sichere Stadt
Soziales: Umsetzung des Bundesteilhabegesetzes; Unterbringung und Betreuung Geflüchteter; Einrichtung- und Betrieb einer Anti-Diskriminierungsstelle und einer Hebammenzentrale, BS-Mobil-Ticket
Kostengünstige Tickets für Schülerinnen und Schüler: Kosten rund 1,3 Mio. Euro pro Jahr
Zensus 2022: Einrichtung einer Erhebungsstelle und Durchführung im Jahr 2022
Als wesentliche Finanzierung der Investitionen sind Kreditaufnahmen in Höhe von 849 Millionen Euro für die Jahre 2020 bis 2024 vorgesehen. Hieraus resultiert eine jährlich wachsende Zinsbelastung, die 2023 rund 10,6 Mio. Euro betragen wird. Über das Investitionsprogramm der Kernverwaltung hinaus besteht ein hoher zukünftiger Investitionsbedarf bei städtischen Gesellschaften, insbesondere durch Großprojekte wie Stadtbahnausbau und Zwei-Standorte-Konzept Klinikum. Die Stadt beabsichtigt, die Investitionsfinanzierungen der städtischen Gesellschaften durch Konzernkreditaufnahmen, die die Niedersächsische Kommunalverfassung im Rahmen einer Erprobung (Experimentierklausel) zulässt, zu unterstützen. Konkret bedeutet das, dass die Stadt Kredite aufnimmt und an ihre Gesellschaften zur Investitionsfinanzierung weiterleitet. Für 2021 ist hierfür ein Betrag von 97,2 Mio. € und für den Zeitraum 2020 bis 2023 insgesamt ein Betrag von rd. 357 Mio. € vorgesehen. Das Klinikum ist darin mit rd. 239 Mio. € enthalten. Um den dargestellten Finanzbedarf der Stadt und der städtischen Gesellschaften abdecken zu können, müssen gegebenenfalls auch andere Finanzierungsformen wie zum Beispiel Schuldscheindarlehen in Anspruch genommen werden. Eine temporäre Inanspruchnahme von Liquiditätskrediten ist möglicherweise erforderlich.
„Im Rahmen der Ansatzveränderungen kann sich in nächster Zeit weiterer Anpassungsbedarf am Haushaltsentwurf ergeben“, stellt Stadtkämmerer Christian Geiger abschließend fest. „Die Ergebnisse der Steuerschätzung, die für Anfang November erwartet wird, können Modifikationen erforderlich machen. Die Defizitbedarfe der städtischen Gesellschaften und Beteiligungen können sich ändern, insbesondere durch die Corona-Pandemie, deren weitere Entwicklung nicht absehbar ist. Sie derzeit der stärkste Unsicherheitsfaktor bei der Haushaltsplanung.“
Weitere Informationen unter: www.braunschweig.de
Foto: oh/Mediengestalter