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Bund und Land müssen Krankenhausfinanzierung so gestalten, dass kommunale Maximalversorger ihre Aufgaben bewältigen können.

Bund und Land müssen Krankenhausfinanzierung so gestalten, dass kommunale Maximalversorger ihre Aufgaben bewältigen können.


Braunschweig. Oberbürgermeister Ulrich Markurth hat das Land Niedersachsen aufgefordert, den großen Investitionsbedarf des Städtischen Klinikums in den kommenden Jahren zu mindestens 50 Prozent zu fördern. Dies wäre ein Betrag von über 200 Millionen Euro über das hinaus, was das Land an Fördermitteln für das Zwei-Standorte-Konzept des Klinikums hinaus bereits zugesagt hat. Das größte Investitions- und Modernisierungsprojekt in Braunschweig hat ein Gesamtvolumen von knapp 800 Millionen Euro, wofür das Land bisher eine Förderung von 178 Millionen Euro zugesagt hat. Er habe die Braunschweiger Landtagsabgeordneten gebeten, sich ebenfalls dafür einzusetzen.
 
Zugleich müsse auch der Bund, wie es das duale System der Krankenhausfinanzierung vorsehe, auskömmliche Mittel für den laufenden Betrieb bereitstellen. Nur so könne die strukturelle Unterfinanzierung von kommunalen Krankenhäusern wie dem Städtischen Klinikum behoben werden. Das Klinikum habe sich selbst bereits harte Vorgaben zur Wirtschaftlichkeit auferlegt und wolle das operative Ergebnis sukzessive um bis zu 40 Millionen Euro jährlich verbessern – gegenüber zu erwartenden Jahresergebnissen, wenn in den bestehenden Strukturen weitergearbeitet würde. Dennoch wurde auch vor der Pandemie schon deutlich, dass ein dauerhaft ausgeglichenes Jahresergebnis aus eigener Kraft angesichts der Unterfinanzierung absehbar nur schwer möglich sein würde. Mit den Einbußen der Corona-Pandemie stieg das Defizit für 2020 dann von geplanten knapp 12 Millionen auf knapp 48 Millionen Euro. Ohne bundesrechtliche Ausgleichs- und Erstattungszahlungen für das Jahr 2020 in Höhe von bislang insgesamt rund 33 Mio. € hätten sowohl das prognostizierte Jahresergebnis 2020 des Städtischen Klinikums als auch der daraus resultierende städtische Unterstützungsbedarf entsprechend höher gelegen. Die Wirtschaftsplanung des Städtischen Klinikums geht auch ohne Berücksichtigung pandemiebedingter Einbußen bis einschließlich 2022 von negativen Jahresergebnissen aus.
 
„Es ist höchste Zeit, dass das Klinikum Braunschweig angemessen ausgestattet wird“, so Markurth. Das Gießkannensystem, nach dem das Land Mittel für die Krankenhäuser ausschüttet, könne das nicht leisten, denn es trage der herausragenden Rolle des Klinikums als regionalem Maximalversorger, der Leistungen auf universitärem Niveau vorhalte und keine Einschränkungen des Angebots nach Profitabilität mache, nicht ausreichend Rechnung.
Markurth hob den großen Beitrag hervor, den die Stadt selbst im vergangenen Jahr geleistet habe, um ihrer Tochtergesellschaft in der schwierigen Pandemiesituation zu helfen. Trotz eigener Defizite im städtischen Kernhaushalt hatte der Rat 36 Millionen Euro bewilligt, um das negative Ergebnis des Klinikums auszugleichen. Zudem unterstütze die Stadt das Klinikum bei dessen großen Investitionen, indem Kredite im städtischen Haushalt mit Hilfe der Experimentierklausel aufgenommen und an das Klinikum weitergegeben würden. 40 Millionen Euro waren das im Jahr 2020. „Angesichts der schwerwiegenden Auswirkungen der Pandemie auf den städtischen Haushalt sind uns natürlich deutlich Grenzen gesetzt. Der Bund muss die Erlösausfälle der Pandemie angemessen kompensieren.“
 
Ein Maximalversorger wie das Städtische Klinikum Braunschweig stehe in der Bedeutung letztlich auf einer Stufe mit Universitätskliniken wie der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) und der Universitätsmedizin Göttingen (UMG), so Markurth, werde aber nicht gleichermaßen finanziell ausgestattet. Wie diese hat auch das Braunschweiger Klinikum eine infrastrukturelle Kraftanstrengung zur Modernisierung vor sich, die es anders als diese jedoch im laufenden Betrieb (bis 2038) erbringt und für die es nicht wie Hannover und Göttingen eine vollständige Erstattung aus der Wissenschaftsfinanzierung erhält.
Vielmehr erhalte das Klinikum Leistungen aus der Investitionsförderung für Krankenhäuser in Niedersachsen. Doch selbst die im Ländervergleich niedrige niedersächsische Förderquote von etwa 50 Prozent – die zudem zu einem erheblichen Teil per Umlage kommunal mitfinanziert sei – werde mit den derzeitigen Förderzusagen für das Klinikum nicht erreicht, erläutert Erster Stadtrat Christian Geiger, Aufsichtsratsvorsitzender des Städtischen Klinikums Braunschweig. Und selbst von den zugesagten 178 Millionen Euro stünden aktuell noch 95 Millionen aus. Städtische Erwartungshaltung sei, dass zumindest mittelfristig eine Förderquote im Landesdurchschnitt erreicht werde. Für den in den kommenden Jahren vorgesehenen Baufortschritt sei zudem wichtig, dass die 95 Millionen Euro bis 2024 verlässlich einplanbar fließen, vorzugsweise zu je 25 Prozent jährlich. Zudem sollte Braunschweig als Maximalversorger mit Hilfe des Landes höhere Mittel aus Förderprogrammen des Bundes etwa zur Digitalisierung erhalten.
 
Die Stadt Braunschweig werde sich über den Deutschen Städtetag zudem dafür einsetzen, dass die Finanzierungssystematik des Bundes so angepasst wird, dass Krankenhäuser der Maximalversorgung, die weit über das Stadtgebiet hinaus eine ganze Region auf ähnlichem Niveau wie ein Universitätsklinikum versorgen, auch weiterhin in städtischer Trägerschaft existieren können, sagte der Oberbürgermeister. Es brauche auch Förderprogramme des Bundes wie das Krankenhauszukunftsgesetz, mit denen Investitionsrückstände abgebaut werden könnten. „Wir brauchen einen parteiübergreifenden Schulterschluss mit den Landes- und Bundespolitikern der Region und zugleich auch mit Kommunen bundesweit, die ebenfalls Träger von Maximalversorgern sind.“ Weitere Informationen unter: www.braunschweig.de
 
Foto: oh/12019
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