
Krabbenspinne.
Das Haus Entenfang stellt Spinnenarten der Region vor
Unter dem Titel „Schaurige Seidenkünstler – Spannende Einblicke in die Welt der Spinnen“ zeigt das Haus Entenfang im Naturschutzgebiet Riddagshausen derzeit eine Ausstellung über Spinnen (geöffnet mittwochs, donnerstags und sonntags von 11 bis 16 Uhr).
Obwohl sie uns ständig umgeben, wissen die meisten Menschen wenig über Spinnen. Oft sind es Gruselgeschichten von Giftspinnen in Bananenkartons, die im Gedächtnis bleiben. Doch sollten diese vielfältigen Tiere nicht darauf reduziert werden. „Gegen Spinnenangst hilft nur Spinnenwissen“, sagte der berühmte Fernsehjournalist und Naturschützer Horst Stern im Jahre 1975. Spinnen sind faszinierende Tiere, die zu Unrecht bisweilen einen schlechten Ruf haben. Sie sind allgegenwärtig. Die meisten sind klein und leben versteckt im Gras und Unterholz, in Spalten und Winkeln unserer Häuser oder zwischen Ästen und Blättern.
Spinnentiere sind verwandt mit Insekten, Krebstieren und Tausendfüßern. Unverkennbar sind sie durch ihre acht Laufbeine. Auch Weberknechte, Milben und Skorpione gehören zur Klasse der Spinnentiere.
Wer Spinnen beobachten will, kann mit einem Blick hinter den Schrank oder unter die Steine im Garten anfangen. Offene Augen in jeder Situation bescheren einem mehr Spinnenmomente als man zunächst glauben mag. Ist der Blick geschärft, tauchen die faszinierenden Tiere an vielen Orten auf.
Spinnen in der Region
Welche Spinnenarten sind typisch für unsere Region? Was muss man über sie wissen? Das Haus Entenfang gibt einen Überblick.
Wespenspinnen (Argiope bruennichi)
Eine häufige Bewohnerin sonniger, offener Wiesen in der Region Braunschweig ist die Wespenspinne. Ihren Namen verdankt sie der auffälligen Zeichnung des bis zu 2,5 Zentimeter großen Weibchens. Die filigranen Radnetze findet man in bodennaher Vegetation, wo je eine Spinne in der Mitte des Netzes auf unbedacht springende Heuschrecken wartet.
Springspinnen (Salticidae)
Kurze Beine, gedrungener Körper, große Augen: diese Merkmale lassen auf den ersten Blick nicht an eine Spinne denken. Doch gibt es in Deutschland um die 100 Arten aus der Familie der Springspinnen, die meisten von ihnen nur einige Millimeter klein. Am bekanntesten sind die Rindenspringspinne (Marpissa muscosa – Foto) und die Zebraspringspinne (Salticus scenius). Als sonnenliebende Tiere sind sie tagsüber an Hauswänden oder im Garten unterwegs und durch ihre lebhaft, sprunghafte Fortbewegung gut zu entdecken. Wer schon einmal mit einer Springspinne interagiert hat, wird gemerkt haben, dass diese Spinnen nicht – wie viele andere Spinnen – sofort versuchen die Flucht zu ergreifen, sondern vielmehr ihren Blick auf das sich nähernde Objekt richten. Die meisten Spinnen können nur schemenhaft, schwarz und weiß, hell und dunkel erkennen. Springspinnen jedoch können Formen und Farben in einigen Zentimetern Entfernung wahrnehmen, ihre Blickrichtung anpassen und sogar räumlich sehen.
Baldachinspinnen: Ballonfahrer im Altweibersommer
Es heißt, egal wo man sich befindet, im Umkreis von einigen Metern lebt immer eine Spinne. In Gebäuden kann sich dies wohl jeder vorstellen, haben wir doch alle schon Bekanntschaft mit der Großen Zitterspinne (Pholcus phalangioides) und ihren unregelmäßigen Gespinsten gemacht. Aber Spinnen sind auch in der Luft zu erwarten. Es sind hauptsächlich Jungspinnen verschiedener Familien, aber auch ausgewachsene Tiere der Baldachin- und Zwergspinnen, die ihre Seide wie einen Ballon mit genug Wind in die Höhe steigen und sich mitziehen lassen. Im Volksmund ist die Zeit der herumfliegenden Spinnenweben, die wie graue Haare aussehen, als „Altweibersommer“ bekannt.
Piratenspinnen und andere Taucher
Auch im Wasser kann man in Deutschland auf Spinnen treffen. Piratenspinnen sind im Naturschutzgebiet Riddagshausen häufig auf Seerosenblättern und an Teichufern zu finden. Kurze Strecken können sie sogar tauchend überwinden. Noch beeindruckender sind Wasserspinnen (Argyroneta aquatica), deren Leben sich fast ausschließlich unter der Wasseroberfläche abspielt. Eine mit Luft gefüllte Taucherglocke aus Spinnenseide ermöglicht den Tieren Fressen, Paarung, Jungenaufzucht und Häutung unter Wasser.
Wilde Blumenwiesen und bunte Gärten sind der perfekte Ort für die Veränderliche Krabbenspinne (Misumena vatia – Foto). Als Lauerjägerin sitzt sie gerne bewegungslos auf einer Blüte und wartet auf Bienen, Schmetterlinge und andere Blütenbesucher. Die perfekte Tarnung wird durch eine Farbanpassung erreicht. Ist eine gelbe Blüte der gewählte Ansitz, kann die Spinne aktiv gelbe Farbpigmente produzieren. Muss sie auf eine weiße Blume wechseln, werden diese Pigmente wieder abgebaut.
Was sonst noch wissenswert ist!
Erfolgreiche Jäger
Als Räuber vertilgen Spinnen mehr tierisches Material als alle Menschen zusammen. Obwohl sie klein und verwundbar scheinen, können sie sogar körperlich überlegene Beutetiere – meist große Insekten – erlegen. Möglich macht dies ein bestimmter Giftcocktail, der durch einen gezielten Biss über die Giftklauen – die sogenannten Chelizeren – injiziert wird. Auch wenn beim Thema Spinnengift bei vielen die Alarmglocken läuten, kann nur ein Bruchteil der Arten die menschliche Haut tatsächlich durchdringen, geschweige denn ein für den Menschen gefährliches Gift produzieren. Ein Biss der wenigen großen Arten in Deutschland ist nicht schlimmer als ein Bienenstich.
Durch den Konsum von Fluginsekten sind Spinnen ein unabdingbarer Teil vieler Ökosysteme und gelten als Nützlinge. Ihr räuberischer Instinkt beschränkt sich dabei nicht nur auf Gliederfüßer anderer Gruppen. Während der Zweihöcker-Spinnenfresser (Ero furcata) andere Spinnenarten erbeutet, kann es auch zu Kannibalismus innerhalb derselben Art kommen.
Gefährliche Liebschaften
Wie bei fast allen Spinnen, sehen auch bei der Wespenspinne Männchen und Weibchen unterschiedlich aus. Während Weibchen für die Ei-Produktion besonders viele Reserven brauchen und damit einen großen Hinterleib haben, sind Männchen darauf angewiesen, die Weibchen aufzuspüren und haben dafür meist einen kleinen Körper mit längeren Beinen. Manchmal lassen sich beide Geschlechter auch zusammen im Netz des Weibchens beobachten. Dieses „Glück“ ist aber nur von kurzer Dauer. Das Männchen sollte die Paarung kurz halten, um nicht als Beute zu enden. Manchen Männchen ist die Menge der übertragenen Samen sogar so wichtig ist, dass sie sich anscheinend absichtlich fressen lassen. In den meisten Fällen geht die Begegnung aber ohne weitere Schäden für das Männchen aus.
Artisten – auch ohne Netz
Spinnen sind sehr vielgestaltig, was ihnen die Besiedlung vieler Lebensräume und Nutzung von verschiedenen Jagdmethoden ermöglicht. Nicht alle nutzen ein Netz, wie die Wespenspinne. Es gibt Spinnen, die ihre Beute erlegen, indem sie ihr hinterherlaufen. Andere legen sich gut getarnt auf die Lauer, und wieder andere sind begabte Weitsprung-Athleten.

Rindenspringspinne.

Wespenspinne mit Netz.
Foto: oh/© Stadt Braunschweig
Foto: oh/© Jannik Peters
Foto: oh/© Stadt Braunschweig