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„Gemeinsam geschafft“ leuchtete es nach dem Relegationskrimi gegen den 1.FC Saarbrücken Ende Mai in großen Buchstaben von der Anzeigentafel im Eintracht-Stadion. Im zweiten Jahr in Folge ist Eintracht Braunschweig nach einem dramatischen Kraftakt nur knapp dem Abstieg aus der 2. Bundesliga entkommen. In der Löwenstadt hat man sich daher in der Sommerpause besonders akribisch auf die neue Saison vorbereitet. Auf keinen Fall will der Traditionsklub wieder bis zur letzten Sekunde um den Klassenerhalt zittern. Für endlich mehr Stabilität soll zukünftig Heiner Backhaus als neuer Cheftrainer sorgen. Der Startschuss in die Spielzeit 2025/2026 in Liga 2 erfolgt am 3. August beim 1. FC Magdeburg.
In Braunschweig wirkt der ständige Existenzkampf wie eine Last. Drei Jahre hinterheinander sind die Löwen dem Abstieg aus der 2. Fußball-Bundesliga denkbar knapp entronnen: Zweimal Platz 15, zuletzt Rang 16 und die Rettung über die Relegation. Jedes Mal ging diesen Kraftakten im Sommer ein Neuaufbau der Mannschaft voraus. Die Kaderstruktur und -planung sind zwei der vielen Kritikpunkte von Fans und sogar von Spielern. „Der Verein muss aufwachen. Unter diesen Bedingungen ist es nur eine Frage der Zeit, bis der Verein absteigt. Es ist fünf vor Zwölf“, ließ zum Beispiel Defensiv-Akteur Sven Köhler nach der Last-Minute-Rettung im dramatischen Duell nach Verlängerung gegen Saarbrücken in den Medien verlauten. Die Identifikation des 28-Jährigen mit dem Traditionsklub scheint groß und deshalb setzte der Verteidiger wohl auch zur verbalen Grätsche an. „Ich habe selten so ein negatives Umfeld wie hier erlebt. Das macht auch etwas mit den Spielern. Ich höre immer nur: Das war hier schon immer so. Und ich höre immer: 1967! Aber das ist nicht mehr aktuell. Und wenn man so weitermacht, dann steigt man ab“, führte der national wie international erfahrene Eintracht-Profi seine Kritik an den Rahmenbedingungen in Braunschweig vor den Pressevertretern nach dem Spielende im Mai weiter aus. „Generell ist alles zu passiv hier. Man reagiert nur. Man agiert nicht. Man muss ein bisschen smartere Lösungen finden, wenn man nicht die meiste Kohle hat“, forderte der Routinier und Leistungsträger und nahm mit seinem Rundumschlag die sportliche Leitung in die Pflicht.

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Angesprochen war damit vor allem Benjamin Kessel, Geschäftsführer Sport bei Eintracht, für den es in den Planungen für die kommende Zweitliga-Runde also galt, den Blick auf die wahren Baustellen nicht zu verdecken und vielmehr an den richtigen Stellschrauben zu drehen. „Wir müssen die Saison ganz offen und ehrlich analysieren. Es muss alles auf den Tisch“, reagierte der 37-jährige Sportchef auch direkt auf die öffentliche General-Kritik von Köhler, die abgelaufende Spielzeit konsequent aufzuarbeiten. Denn bei der Kaderplanung für die letzte Serie hatte sich Kessel zahlreiche Fehlgriffe geleistet, die erst im Winter einigermaßen korrigiert werden konnten. Nach einer desolaten Hinrunde (13 Punkte), legten die Löwen zumindest noch eine ordentliche Rückrunde (22 Punkte) hin – inklusive einer extrem starken Serie mit Siegen gegen Paderborn, den HSV und Kaiserslautern. Nach der Entlassung von Daniel Scherning noch vor den beiden Relegationsspielen, in denen Co-Trainer und Vereinslegende Marc Pfitzner die Eintracht-Mannschaft interimsmäßig betreut und zum Klassenerhalt geführt hatte, haben die Vereinsverantwortlichen um Sport-Geschäftsführer Kessel mit der Verpflichtung von Heiner Backhaus auf der Position des Cheftrainers schnell eine wichtige personelle Weichenstellung getroffen. Mit dem neuen Mann auf der Trainerbank, der mit einer Ablösesumme von rund 100.000 Euro von Drittligist Alemannia Aachen kommt und einen Zweijahresvertrag unterschrieben hat, weicht die Eintracht bewusst vom Weg ab. Ziel ist ein neuer Kurs. Der weitgereiste Ex-Profi verkörpert die „Alles-ist-möglich-Mentalität“ und soll für frischen Wind bei den Löwenstädtern sorgen. Der in Witten geborene Backhaus gilt als akribischer Arbeiter mit Leidenschaft, taktischem Tiefgang und einem feinem Gespür für Mannschaftsdynamik.

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„Die Position des Cheftrainers ist eine Schlüsselrolle. Heiner Backhaus ist genau der richtige Trainer für unseren Weg – mit ihm werden wir den nächsten Schritt in Richtung Stabilisierung und Weiterentwicklung gehen. Er steht für eine klare fußballerische Ausrichtung, mit einer positiven und selbstbewussten Einstellung sowie hoher Intensität und viel Leidenschaft. Genau diese Herangehensweise und Tugenden brauchen wir, um in der 2. Bundesliga erfolgreicher zu sein. Zudem hat uns Heiner als Typ absolut überzeugt, er passt hervorragend zu unserer Eintracht und wird mit seiner emotionalen, mitreißenden Art vorangehen“, begründete Geschäftsführer Benjamin Kessel die Entscheidung pro Backhaus, der es vom Acht-Liga-Trainer nun bis in die 2. Fußball-Bundesliga schaffte und den Traditionsverein endlich aus dem Abstiegssumpf führen soll. Der neue Mann an der Seitenlinie bringt dabei nicht nur jede Menge internationale Erfahrung als Spieler und Trainer mit an die Hamburger Straße, sondern steht für eine klare Spielidee, eine kompromisslose Arbeitseinstellung und eine starke emotionale Verbindung zu seinen Teams. Seine Vita mit Auslandsstationen als Fußball-Profi bei über 20 Klubs in acht Ländern, unter anderem auf Zypern und Malta sowie in Saudi-Arabien und Hongkong, ist so außergewöhnlich wie sein Fußballverständnis – und damit eine spannende Perspektive für die Zukunft der Löwen. „Ich brenne für diese Aufgabe. Die Eintracht ist ein emotionaler Traditionsverein mit viel Energie und Leidenschaft.

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Gemeinsam mit einer spannenden Mannschaft und den leidenschaftlichen Fans wollen wir ein Feuer entfachen, als Team wachsen und alles investieren, um erfolgreich zu sein“, betonte der 43-Jährige bei seinem Amtsantritt. Seit seinem Wechsel auf die Trainerbank im Jahr 2014 entwickelte der neue Eintracht-Übungsleiter, der als Fußballer das Spiel immer auch als strategische Aufgabe verstanden hatte, kontinuierlich seinen Stil – mutig, strukturiert, emotional und klar in der Ansprache. Mit Heiner Backhaus soll es eine Zitterpartie bis zum Saisonende nicht mehr geben, vielmehr soll der neue Cheftrainer die Eintracht nach Jahren des zermürbenden Abstiegskampfes endlich in ruhige Fahrwasser in der 2. Bundesliga führen. Für die Aufgabe an der Hamburger Straße erhält Backhaus Unterstützung von Marc Pfitzner, der seit Juli 2021 Co-Trainer der Löwen ist und in dieser Funktion weiterhin Teil des Trainerstabs bleibt. Im Januar 2025 haben beide gemeinsam den Lehrgang zur DFB-Pro Lizenz absolviert und sich in dieser Zeit bereits kennengelernt.
Ein Grundsatz steht für Backhaus über allen anderen: „Mentalität ist unverhandelbar“. In seinem ganzen Wirken strahlt der neue Mann an der Seitenlinie der Eintracht stets ein „totales Selbstbewusstsein“ aus und dies sollte auch der passende Ansatz für das Löwen-Team sein. Denn der 43-Jährige will in der 2. Bundesliga attraktiven „Power-Fußball“ spielen lassen und freut sich, dass sein bestehender Kader schon viel für seine Art des Fußball mitbringt. Trotz dieser Einschätzung arbeiten Sportchef Kessel und Coach Backhaus weiter auf Hochtouren an der Zusammenstellung einer konkurrenzfähigen Zweitliga-Mannschaft und krempeln den Kader der Blau-Gelben in der laufenden Transferphase erneut komplett um. Acht (externe) Neuzugänge haben die Niedersachsen bis dato schon verkünden können – Ron-Thorben Hoffmann, Lino Tempelmann (beide von Schalke 04, waren bereits ausgeliehen), Lukas Frenkert (Preußen Münster), Mehmet Can Aydin (FC Schalke 04), Louis Breunig (SSV Jahn Regensburg), Frederik Jäkel (RB Leipzig, ausgeliehen) sowie zuletzt Erencan Yardımcı (TSG Hoffenheim, ausgeliehen) und Robin Heußer (Karlsruher SC) verstärken das Aufgebot der Löwen. 15 Spieler inklusive Vereinsikone und Abwehrrecke Ermin Bicakcic haben den Traditionsklub bisher verlassen. Der Abgang von Torjäger Rayan Philippe (zum HSV) hat ein qualitatives Loch in der Offensive der Eintracht gerissen, das vor allem vom 23 Jahre alten Neuzugang Yardımcı geschlossen werden soll.
Bis zum Ende der Transferperiode am 1. September müssen die Blau-Gelben gerade auf der Position in der Innenverteidigung wohl noch nachrüsten, da mit „Eisen-Ermin“ Bicakcic, Robert Ivanov und Paul Jaeckel gleich drei Innenverteidiger die Löwen am Ende der abgelaufenen Saison verlassen haben.Abgeschlossen ist der Umbruch beim BTSV somit noch nicht, bis zum 1. Spieltag am Sonntag, 3. August, beim Nachbarn aus Magdeburg sollte das Grundgerüst der Mannschaft jedoch stehen. Schließlich soll es dieses Mal einen besseren Auftakt geben, als es in der vergangenen Spielzeit der Fall war, um nicht direkt in der Tabelle wieder nach unten befördert zu werden. Die heimischen Fans der Löwen können ihre Mannschaft zum ersten Heimspiel in der Saison 2025/2026 am Samstag, 9. August, live begrüßen, wenn die SpVgg Greuther Fürth ins Eintracht-Stadion an der Hamburger Straße anreist. (TS)
Die ersten Spiele der Eintracht in der Saison 2025/2026:
1. FC Magdeburg – Eintracht (Sonntag, 03. August, 13:30 Uhr)
Eintracht – SpVgg Greuther Fürth (Samstag, 09. August, 13:00 Uhr)
Karlsruher SC – Eintracht (Samstag, 23. August, 13:00 Uhr)
Eintracht – VfB Stuttgart (Dienstag, 26. August, 20:45 Uhr, DFB-Pokal)
Eintracht – Arminia Bielefeld (Samstag, 30. August, 13:00 Uhr)
SV Darmstadt – Eintracht (Samstag, 13. September, 13:00 Uhr)